Orgelbesuche in Höltinghausen und Cloppenburg

Gestern war ich unterwegs im Landkreis Cloppenburg, unter anderem um zwei Orgeln zu besuchen.
Erste Station war die St.-Aloysius-Kirche Höltinghausen, wo eine Orgel aus der Werkstatt Alfred Führer von 1990 steht (Beschreibung siehe hier). Das optisch ansprechende Instrument hat 13 klingende Register, die durch fünf Wechselschleifen auf durchschobener Lade zur Zweimanualigkeit mit 18 Registern erweitert werden. Am Spieltisch klingt die Orgel dem Organisten sehr kräftig um die Ohren – es wirkt hier alles doch recht massiv und etwas „grob“. Gedackt 8' (im II. Manual) und Rohrflöte 8' (im I. Manual) unterscheiden sich klanglich kaum, hier hätte ich mir eine ausgeprägtere Rohrflöten-Charakteristik im I. Manual gewünscht. Ob es sinnvoll ist, bei einer solch schmalen Disposition einen Sesquialter zu disponieren oder nicht vielleicht doch besser in Nasat und Terz zu trennen, sei einmal dahingestellt. Die ebenfalls recht kräftige Sifflöte 1' gibt dem II. Manual als Klangkrone strahlenden Glanz für das Plenum. Mit ihrer kernigen, obertonreichen Intonation kann die Oboe in gewisser Weise eine klangliche Zwitterfunktion sowohl als langbechrige Zungenstimme wie auch als kurzbechriger Zungen-Ersatz einnehmen.
Überrascht ist man beim Hören aus der Kirche zum einen über die Präsenz des Instruments im gesamten Kirchenraum, der durch die Erweiterung in den 1960er Jahren nicht unbedingt klein ist. Zum anderen verschwindet die Härte und Grobheit, die man oben am Spieltisch wahrnimmt: Hier zeigt sich die Orgel mit einem warmen und runden Klangbild, was – laut den Erläuterungen des Orgelbauers in der Weihefestschrift – bei der Intonation damals ja auch angestrebt war. Mit der Höltinghauser Orgel haben wir also ein typisches Beispiel dafür, dass eine Orgel am Spieltisch nicht immer so wahrgenommen werden muss wie im Kirchenraum. Für den Organisten ist es bedauerlich, dass er von seiner Position aus nicht die optimale Klangwahrnehmung hat – aber umso mehr ist es eine spannende Herausforderung, dann trotzdem den Raumklang zu kennen und darauf hin zu registrieren und zu artikulieren.

 

Anschließend ging’s weiter ins rund 6 km entfernte St.-Vinzenzhaus am Stadtrand von Cloppenburg. Ein Teil des Hauses – eine Einrichtung für lern- und geistig behinderte Kinderund Jugendliche – ist die ehemalige Christ-König-Kirche, die 2017 profaniert wurde. Für den Fortbestand der auch architektonisch ausgesprochen interessanten Kirche mit den wertvollen Fenstern des bedeutenden Pariser Glasmalers Max Ingrand wurde, wie ich finde, eine sehr gute Lösung gefunden: In den letzten Jahren fand eine rücksichtsvolle und gelungene Umgestaltung des Raumes zu einem Mehrzweckraum für die Schulmensa und als Versammlungsraum statt. Architektur und Charakter des Raumes blieben erhalten und auch die Orgel kann weiterhin für öffentliche Veranstaltungen genutzt werden.
Die hinter drei Arkadenbögen bis auf das Rückpositiv etwas versteckte Orgel wurde 1969 von Klaus Becker (Kupfermühle) mit 14 Registern erbaut (Beschreibung siehe hier). Viele Schüler haben an dieser Orgel damals im Rahmen der sog. Cloppenburger Orgelschule Unterricht erhalten. Und das Instrument überzeugt – zumindest vom Spieltisch aus (ich hatte leider nicht die Gelegenheit, sie aus dem Raum zu hören, was vor allem aufgrund der durch die Arkadenbögen stark verdeckten Aufstellung noch mal interessant wäre)! Eine (für die Größe) sehr vielfältige Disposition in Verbindung mit der ausgewogenen und präsenten Intonation machen die Orgel zu einem inspirierenden Instrument besonders für die barocke Musikpraxis. Die Temperierung nach Werckmeister III gibt dem Klang besondere Ausdruckskraft. Ein Schmankerl ist das dezente Regal 8' aus Messingpfeifen im Rückpositiv (bei meinem Besuch leider sehr verstimmt). Nur die Manualverteilung hätte ich anders gelöst – das Rückpositiv gehört für mich eigentlich intuitiv immer auf’s erste Manual und nicht, wie in diesem Fall, aufs zweite, zumal sich die Traktur hier doch recht zäh spielt. Und der Motor machte ziemlichen Krach…
Alles in allem ein sehr ansprechendes Instrument, dem man auch in Zukunft genügend Gelegenheiten wünscht, öffentlich zu Gehör zu kommen!

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